In den letzten Januartagen 2020 wurde zum ersten Male COVID-19 in Deutschland diagnostiziert. Die Corona-Pandemie ist mittlerweile ein unumgänglicher Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens und der Wirtschaft geworden. Home-Office, Home-Schooling und Videokonferenzen statt Präsenztermine sind für viele zur Normalität geworden.

Neben vielen anderen Wirtschaftszweigen ist gerade der Einzelhandel stark beeinträchtigt worden – vor allem durch die Schließung der stationären Ladengeschäfte im März und April 2020. Für den Fliesenhandel gingen durch die Schließung der Ausstellungen wichtige Verkaufssituationen verloren.

Welche Lehren haben die Handelsunternehmen aus dieser Zeit gezogen und wie haben sie auf diese reagiert? Wie werden Unternehmen im laufenden Jahr geprägt und verändert?

Wichtige Fragen und spannende Antworten und Eindrücke, wie die Krise zur Chance werden kann, haben wir uns bei diversen Fliesenhandelsunternehmen eingeholt.

Befragt wurden

  • Lysann Apel und Melanie Apel-Albertus von Fliesen Apel GmbH in Dresden
  • Christine Berendt von Bernit – The Stone Company in Salzburg und Wien
  • Albert Ernst von Fliesen Ernst GmbH in Magdeburg
  • Christoph Theißen von Fliesen Theißen GmbH & Co. KG in Bocholt

Diese Unternehmenden verbindet die Mitgliedschaft in der Kooperation Keramik Orion AG, darüber hinaus sind alle Absolventen des Erfolgsprogrammes Unternehmerclub für Führungskräfte und Unternehmer/-innen von Robert Jahrstorfer.

Weniger Beratungen, dafür höherwertige Aufträge

Der stationäre Handel ist besonders stark von den Corona Beschränkungen betroffen. Durch die temporären Schließungen der Ausstellungen und Kontaktverboten hat sich das Verkaufsgeschehen wesentlich verändert.

Weniger Kunden in der Beratung führten im letzten Jahr dennoch nicht zu weniger Umsatz. „Die Kundenfrequenz in den Ausstellungen ist erheblich zurückgegangen. Wie sich das in diesem Jahr auswirken wird, beobachten wir sehr genau, “ fasst Christoph Theißen seine Eindrücke aus den Ausstellungen der Theißen-Gruppe zusammen. Die Beratungen sind größtenteils nur noch nach Terminvereinbarung möglich. Das führt zu höherwertigen Beratungen und Aufträgen. Der starke Rückgang im Direktverkauf an Privatkunden konnte dadurch oftmals kompensiert werden.

So wurde das Jahr 2020 trotz Pandemie zu einem der erfolgreichsten Geschäftsjahre für viele Fliesenhändler. „Kunden sind offener geworden und die Beratungen stellen höhere Anforderungen an das Verkaufsteam. Das ist eine sehr positive Auswirkung, da sich der Fachhandel dadurch deutlicher von anderen Vertriebskanälen differenzieren kann,“ so Christine Berendt von Bernit – The Stone Company. Sie freut sich auch über die hohe Nachfrage, die zu größeren Aufträgen unter anderem im Außenbereich, Großformaten und Naturstein führt. „Da man viel Zeit zu Hause verbringt, sind unsere Kunden mehr denn je bereit, in die eigenen vier Wände zu investieren. Das ist eine sehr positive Entwicklung und das Verkaufsteam wächst mit dieser besonderen Herausforderung durch die Pandemie.“

Die Helden der Pandemie sind die Teams

Besondere Zeiten sind bekanntermaßen Bewährungsproben und Chancen zugleich. Wie wichtig dabei die interne Kommunikation und Zusammenarbeit ist, haben zahlreiche Unternehmen erlebt. Die Marktforscher des IBI Instituts der Universität Regensburg berichten in ihren Ergebnissen einer deutschlandweiten Händlerbefragung zum Einfluss der Corona-Pandemie auf den deutschen Einzelhandel, dass jeder zweite Händler von den Mitarbeitenden positiv unterstützt worden ist.

 „Das Team ist im wahrsten Sinne des Wortes zusammengewachsen. Wir konnten durch die hohe Bereitschaft der Mitarbeiter sehr schnell reagieren und für die Kunden da sein. Darüber haben wir uns sehr gefreut und sind sehr stolz. Nur so kann ein mittelständisches Familienunternehmen in diesen Zeiten stärker werden und seine Qualitäten ausspielen,“ freuen sich Lysann und Melanie Apel von Fliesen Apel in Dresden in einem von mir moderierten Online Meeting des Unternehmerclubs der Keramik Orion.

Welche Lehren haben die Handelsunternehmen aus dieser Zeit gezogen und haben sie bereits auf diese reagiert? In welche Bereiche möchte der deutsche Einzelhandel in Zukunft stärker investieren, wo wurden die größten Defizite festgestellt und mit welchen Erwartungen blicken die Händler auf die kommenden zwölf Monate?

Dieses hohe Engagement führt auch zu einem Schub an Innovationen in den Ausstellungen, der Logistik und der Kundenbetreuung. „Wir können heute sehr viel schneller auf Kundensituationen im Außendienst und in den Ausstellungen reagieren. Durch die Digitalisierung der Verkaufsprozesse konnten wir mit dem Team in kurzer Zeit Kundendaten in Echtzeit realisieren. Die hohe Lernbereitschaft hat mich sehr beeindruckt,“ so Albert Ernst vom Handelsunternehmen Fliesen Ernst mit vier Standorten.

Krisen sind Chancen

Diese 5 Punkte stehen ganz oben auf der To-do-Liste der Fliesenhändler, um ihren Verkauf und Vertrieb zu stärken

Das vergangene Jahr hat auch sehr deutlich die Defizite und Stärken in Verkauf und Vertrieb aufgezeigt. Laut der Studie des IBI Instituts hat jeder dritte Händler Defizite im Vertrieb wahrgenommen. Doch welche Schlüsse ziehen die Geschäftsleute aus dieser außergewöhnlichen Bewährungsprobe?

  1. Verkauf und Vertrieb werden noch bedeutender und es wird mehr in die Digitalisierung und Qualität der Vertriebsprozesse investiert.
  2. Marketing wird digitaler, besonders die Aktivitäten im Social Media Bereich bis hin zur Online-Terminvereinbarung.
  3. Digitale Verkaufsgespräche werden erprobt und erste Angebote entwickelt. Sei es die 3D Planung im Webmeeting zu besprechen oder neue digitale Präsentationsmöglichkeiten in den Showrooms.
  4. Die Verstärkung der Verkaufsteams und die Qualifizierung und permanente Training des Verkaufsteams wurde noch einmal verdeutlicht.
  5. Die Veränderungen in der Nachfrage wollen die Unternehmer verstärkt in die Qualität der Verkaufsgespräche investieren. Sowohl im fachlichen Bereich als auch in die Erweiterung der sozialen Kompetenzen und Verkaufsmethoden.